
Sie begann ihre Karriere als Heilpflanze â heute folgt ein Laufsteg-Auftritt auf den anderen: Die Schafgarbe gehört zu den Stars der Gartenszene und wurde nun völlig zu Recht zur âStaude des Jahres 2021â gekĂŒrt.
Rupfen, kauen, rupfen, kauen und zwischendurch ein erholsames SchlĂ€fchen â Schafe scheinen ihr Leben im Dauerzustand der Tiefenentspannung zu verbringen. Ein echtes Vorbild sind die wolligen SympathietrĂ€ger aber nicht nur aufgrund ihrer Gelassenheit, sondern auch wegen ihrer medizinischen Fachkenntnisse. Seit jeher setzen sie bei der Gesundheitsvorsorge auf eine Pflanze, die sich schon vor Jahrhunderten auch in der Humanmedizin einen Namen machte: die Schafgarbe.
âInsbesondere die Wiesen-Schafgarbe (Achillea millefolium) ist fĂŒr ihre segensreichen Inhaltsstoffe bekannt, deshalb trĂ€gt sie auch so klangvolle Namen wie âJungfraukrautâ, âBlutstillkrautâ oder âGrundheilâ, erklĂ€rt Wolfgang Siebler von der GĂ€rtnerei Stauden-Siebler im niedersĂ€chsischen Schwarmstedt. Auch der botanische Gattungsname Achillea verweise auf die heilenden Eigenschaften der mehrjĂ€hrigen Pflanze, von der bereits der griechische Sagenheld Achilleus profitiert haben soll. âDie Artbezeichnung millefolium â also âTausendblattâ â geht hingegen auf die grazilen, fein gefiederten BlĂ€ttchen zurĂŒck.â
Tausendblatt. Ein malerischer Name fĂŒr eine malerische Pflanze, denn Schafgarben sind neben ihren inneren Werten auch echte Schönheiten. âDen Schafen scheint das ziemlich egal zu sein, zumindest hĂ€lt es sie nicht vom Fressen abâ, meint Siebler augenzwinkernd, âaber dafĂŒr begeistert die attraktive Optik uns Zweibeiner umso mehr!â
Die weiĂen BlĂŒtenschirme der Art Achillea millefolium blitzen vorwiegend in NaturgĂ€rten auf. Zusammen mit blauviolettem Wiesen-Salbei (Salvia pratensis), gelbem Wiesen-Hornklee (Lotus corniculatus) und rosaroten Wiesen-Flockenblumen (Centaurea jacea) beispielsweise verleihen sie wiesenhaften Pflanzungen ihr typisches sommerliches Flair.
Ebenfalls eine wunderbar naturhafte Ausstrahlung besitzt die aus Vorderasien stammende Goldgarbe, Achillea filipendulina. Wolfgang Siebler kombiniert die goldgelben BlĂŒtenschirme der beliebten, bereits 1952 entstandenen Sorte âCoronation Goldâ zum Beispiel gerne mit Königskerzen (Verbascum), Silber-Ăhrengras (Stipa calamagrostis), Blauraute (Perovskia atriplicifolia) und Hoher Fetthenne (Sedum telephium).
âZum eigentlichen Höhenflug haben aber beiden Garben-Arten erst vor einigen Jahren angesetztâ, berichtet der Staudenexperte. âZwar hat der berĂŒhmte StaudengĂ€rtner Ernst Pagels bereits in den 1990er-Jahren eine Reihe herrlicher Achillea-filipendulina-Sorten gezĂŒchtet, aber er war seiner Zeit offenbar voraus. Jedenfalls finden diese nach wie vor exzellenten Sorten erst heute richtig Anklang â zusammen mit den vielen leuchtstarken Sorten von Achillea millefolium, deren Sortiment von Jahr zu Jahr gröĂer wird.â
Gestalterisch lassen sich beide Gruppen extrem vielseitig einsetzen. âUnverzichtbar sind sie fĂŒr Prachtstaudenrabatten, insbesondere fĂŒr Ton-in-Ton-Pflanzungen, aber sie setzen auch fröhliche Farbkleckse in GrĂ€sergĂ€rten und passen dank ihrer klaren Formen gut zu moderner Architektur.â
Die Bandbreite reicht von WeiĂ-, Gelb-, Rot- oder Orangetönen bis zu pastelligen und zweifarbigen Varianten wie den Achillea-filipendulina-Hybriden âTerracottaâ und âFeuerlandâ. Einige Sorten Ă€ndern zudem ihre Farbe im Laufe der BlĂŒtezeit. Achillea millefolium âBelle Epoqueâ beispielsweise erblĂŒht zunĂ€chst in herrlichem Kirschrot, um dann verschiedene Rosanuancen zu kombinieren. Auch die leuchtend violetten BlĂŒten von âLilac Beautyâ verblassen mit der Zeit, jedoch ohne dabei unansehnlich zu werden.
Zur Schere zu greifen, kann sich dennoch lohnen, zumindest nach dem ersten Flor im Juni/Juli. âWer VerblĂŒhtes kontinuierlich ausschneidet, kann im September mit einer zweiten BlĂŒte rechnenâ, verrĂ€t Wolfgang Siebler. Sind diese BlĂŒtenstĂ€nde ebenfalls verblĂŒht, lĂ€sst er die trockenen Triebe ganz bewusst stehen. âSie bringen schöne Winteraspekte in den Garten und dienen Insekten als Winterquartier, deshalb werden sie erst kurz vor dem Neuaustrieb im FrĂŒhjahr entfernt.â
Auch zur BlĂŒtezeit ziehen die farbenfrohen KorbblĂŒtler unzĂ€hlige Insekten an, denn nahezu alle Schafgarben punkten mit einem reichhaltigen Nektar- und Pollenangebot. âZu den wenigen Ausnahmen zĂ€hlt die GefĂŒllte Bertramsgarbe, Achillea ptarmica âSchneeballâ beziehungsweise âThe Pearlâ, die allerdings mit ihren unzĂ€hligen reinweiĂen BlĂŒtenkugeln und der langen BlĂŒtezeit von Juni bis September gestalterisch wirklich fantastisch istâ, schwĂ€rmt Garben-Fan Siebler.
Mit einer Wuchshöhe von 70 cm passt sie perfekt zu den durchschnittlich 60 cm hohen Millefolium-Sorten und den meist etwas gröĂeren, bis maximal 120 cm hohen Filipendulina-ZĂŒchtungen. Wie diese beiden Gruppen liebt Achillea ptarmica volle Sonne und im FrĂŒhjahr etwas Kompost. Sie braucht jedoch etwas mehr Wasser, wĂ€hrend die meisten Schafgarben selbst an trockenen PlĂ€tzen problemlos gedeihen â auch polsterbildende Arten wie die wintergrĂŒne, etwa 10 cm hohe Gelbe Schafgarbe (Achillea tomentosa) oder die 15 cm hohe Dalmatiner-Silbergarbe (Achillea ageratifolia).

Oben:Die Goldgarbe âTerracottaâ (Achillea-filipendulina-Hybride) bereichert das Beet um eine ganze Farbpalette, von zartem Apricot ĂŒber Rotorange bis hin zu Gelb und, natĂŒrlich, Terracotta.
Unten: Die Kombination aus Schafgarbe und Geranium bezaubert mit natĂŒrlichem Charme.
GroĂes Bild: Spannend inszeniert â dunkelblauer Ziersalbei im strahlend gelben BlĂŒtenmeer von Goldgarbe âCoronationâGoldâ (Achillea filipendulina).